Werter Leser, gestatte mir eine kurze schachfreie Musikkulturexkursion.
Arnold Schönberg hat gerade seine 150-Jahr-Feier. Was denkt da Otto Normalverbraucher?
Klar, Zwölftonmusik, kennt man aus dem Kreuzwort, kriegt man aber Mittelohrentzündung von. :-)
Das ist, um höflich zu bleiben, allenfalls halbwahr.
Wussten Sie, dass Schönberg ein romantischer Rebell war? Aber sind nicht alle Rebellen
Romantiker, links wie rechts? (Aaaaa-ha-ha-ha-ha!, um musikalisch Die Ärzte zu zitieren,
die The Sweet zitieren.) Sein Frühwerk ist beeinflusst von Brahms, dem Hamburger Leibkomponisten.
Und, doch doch, Wagner. Aber er ist nicht zufrieden. Immer nur was lahm's von Brahms?
(geklaut bei Henning Venske) Zuviel Musik, zuwenig Gedanke.
Er schreibt die Kammersinfonie Nr. 1 (op. 9) - Skandal gelungen.
"Ungepflegte Demokratiegeräusche", so ein Kritiker.
Nein, wir haben 1907, nicht 2025.
Schönberg wird immer revolutionärer werden, aber seine Zwölftonmusik reüssiert beim breiten Publikum nie.
Sein Einfluss auf die Musik der kommenden Generationen kann jedenfalls nicht hoch genug angesetzt
werden. Webern, Cage, Stockhausen...eher wurde seine Schüler (auch im Geiste) noch revolutionärer.
Aber wussten Sie auch, dass Schönberg ein "Koalitionsschach für 4 Personen" erfunden hat?
Das ist gar nicht abwegig, Schach hat ihm ein anderer Kunst-Revoluzzer, Marcel Duchamps, "beigebracht".
Und wussten Sie, dass es ein "Zentrum für Verfemte Musik", Hochschule für Musik und Theater Rostock, gibt?
(Schönberg war Jude wie zahlreiche Denker, Künstler, und Wissenschaftler vor 33 - genau wie Lasker konnte er
aber noch rechtzeitig nach den USA "ibermachen", wie man im Jiddischen sagte.)
Leiter des Zentrums ist Volker Ahmels. Und jetzt sind wir endgültig beim Schach. Wer kennt nicht
die Schlachten mit einem gewissen Hauke Reddmann um die Vorherrschaft im Hamburger Jugendschach
vor 50 Jahren (das sind, um bei der Wahrheit zu bleiben, nur 2 Namen).
Ahmels spielte damals unter der Fahne des Johanneums, und so kam eins zum anderen.
Denn er ist auch Musikpädagoge und Pianist, der mit seiner Lebens- und Klaviergefährtin
Friederike Haufe (Gründerin des Schulprojekts "taste for school")
schon in der ganzen Welt gespielt hat.
Unter der Schirmherrschaft der Körber-Stiftung fand nämlich gerade die Veranstaltungsserie
"Tage des Exils" statt,
und so es lag angesichts der Achse Schönberg-Ahmels-Schach-Johanneum nahe,
einen Kulturtag im Johanneum mit dieser Ausrichtung zu veranstalten.
Möglich gemacht durch viele Spender und Sponsoren gab viel Schach und Musik:
einen Wettkampf im Koalitionsschach (hier die Regeln) mit SKJE-Spielern
aus der 1. Mannschaft und der L1-Jugend...
Im Uhrzeigersinn: GM Tom Wedberg (von hinten, wird gerade gemeinsam ausgeraubt :-),
FM Frank Behrhorst, Jonathan Andersen, Bruno Barembruch.
...eine Ausstellung, einen Diavortrag von Schönberg-Kenner Ahmels sowie ein kleines
Schönberg-Konzert von ihm. Weitere Klavier-Beiträge lieferten Friederike Haufe
sowie Quentin Andresen, ein Johanneums-Schüler, der bei ihr Musikunterricht hatte.
Volle Konzentration: Friederike Haufe und Volker Ahmels
Überhaupt waren bei dieser Kulturveranstaltung eine ganze Reihe von Jugendlichen anwesend - das Johanneum hat einen Ruf zu verteidigen.
Zugegeben, der Hauke steht nun mal auf Thrash und Punk, bei Wagner muss er kotzen und bei Mozart wird er krank (frei nach "Das Blech" von Spliff). Später Schönberg ist Musik, die man an sich ranlassen muss. Die man studieren muss. Aber trotzdem: Schafft ein, zwei...viele Kulturveranstaltungen! Einziger Einwand des rasenden Reporters: Donnerstag? Da musste ich meine SKW-Kiddies schon um 18.00 rausschmeißen, um überhaupt noch was mitzukriegen. Kultur auf Donnerstag ist bäh :-)
P.S. Hier noch ein kleines Interview, was aber nur sinngemäß aus dem Gedächtnis wiedergegeben werden kann.
Ein Miniquiz für Kenner zum Schluß! Wie nennt man den Musikstil des späten
Schönberg? Man verstelle den letzten Buchstaben und erhält einen Schachverein
in Hamburg.
Leerraum unten oder alles mit CTRL-A markieren zum Entspoilern:
Atonal - Altona
Text: Hauke Reddmann/Fotos: Andre Schulz